Alternativen zum Studium beim Berufseinstieg oder nach dem Abitur

Viele Abiturienten denken, dass nach einem erfolgreich abgeschlossenen Abitur logischerweise nur ein Studium folgen kann. Das muss schon lange nicht mehr so sein. Es gibt viele anspruchsvolle Ausbildungsplätze, auf die Abiturienten sich bewerben können. Auch wer auf einen Studienplatz warten muss, kann seine Wartesemester mit einer Alternative zum Studium sinnvoll füllen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Abitur (allgemeine Hochschulreife) berechtigt zum Hochschulstudium, aber nicht jeder Schulabgänger möchte studieren
  • Beliebte Alternativen zu einem Studium sind eine Ausbildung, ein duales Studium oder ein Fernstudium
  • Zur Berufsorientierung nach dem Abitur werden häufig Praktika oder Freiwilligendienste absolviert

Wann sollte man über Alternativen zum Studium nachdenken?

Wenn Abiturienten sich grundsätzlich eher schwer beim Lernen getan haben oder keinen Spaß daran hatten, sollten sie nicht unbedingt studieren. Denn im Studium warten mindestens 3 lernintensive Jahre bis zum Bachelorabschluss. Im Anschluss ist oftmals noch ein Masterstudium notwendig, um einen qualifizierten Berufsabschluss zu erlangen. Jeder, der eher praktisch anstatt theoretisch arbeiten möchte, sollte sich überlegen, ob er anstatt eines Studiums nicht lieber eine Ausbildung absolvieren möchte.

Falls Sie eigentlich studieren möchten, aber der Numerus Clausus (NC) für den Studiengang Ihrer Wahl zu hoch ist, dann sollten Sie ebenfalls über Alternativen nachdenken. Schulabgänger, die Medizin studieren möchten, können sich die Wartesemester auf einen Studienplatz durch einen Freiwilligendienst (im Altenheim, Krankenhaus) oder durch eine Berufsausbildung im medizinischen Bereich (Krankenpfleger, Medizinischer Fachangestellter) verkürzen. Oftmals werden medizinische Vorerfahrung bei der Bewerbung auf einen Studienplatz zusätzlich zu den vorhandenen Wartesemestern berücksichtigt.

Alternativen für den Berufseinstieg

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen Einstieg in das Berufsleben zu finden, auch ohne ein klassisches Studium zu beginnen. Beliebt sind neben einem Studium folgende Möglichkeiten:

  • Ausbildung
  • Duales Studium
  • Fernstudium

Ausbildung

Besonders, wer sofort praktisch ins Berufsleben einsteigen möchte, sollte sich nach dem Abitur auf einen Ausbildungsplatz bewerben. Eine Ausbildung dauert in der Regel zwischen 3 und 3 ½ Jahren. Mit einem Abitur kann die Ausbildungsdauer unter gewissen Voraussetzungen verkürzt werden. Es gibt wenige Ausbildungsberufe, die ohnehin nur 2 Jahre dauern (z. B. zum Verkäufer oder Heilerziehungspfleger).

Während einer Ausbildung lernt ein Lehrling alles, was es im jeweiligen Ausbildungsberuf zu wissen und zu beachten gibt. Es gibt praktische Anteile im Lehrbetrieb und schulische Phasen, die meist an einer Berufsschule bzw. einem Berufskolleg stattfinden. Beispielsweise für eine Ausbildung bei der Polizei, bei der Bank oder in der Buchhandlung wird ein Abitur vorausgesetzt.

Duales Studium

Neben einem reinen Hochschulstudium besteht die Möglichkeit für Abiturienten, nach dem Schulabschluss ein duales Studium zu beginnen.

Das duale Studium bezeichnet ein Hochschulstudium mit integrierter Berufsausbildung bzw. Praxiseinsätzen innerhalb von Unternehmen, dass in Anlehnung an das duale Ausbildungssystem stattfindet. Von Vollzeit-Studiengängen unterscheidet es sich durch einen höheren Praxisanteil, außerdem gibt es mit der Hochschule sowie dem Ausbildungsbetrieb im dualen Studium zwei Lernorte. Wer dual studiert, ist nicht „nur“ an einer Hochschule eingeschrieben, sondern hat gleichzeitig einen Arbeitsvertrag zur Berufsausbildung mit einem Unternehmen. Nach erfolgreichem Abschluss eines dualen Studiums haben Absolventen somit nicht nur einen Bachelorabschluss, sondern gleichzeitig einen anerkannten Berufsabschluss erworben.

Fernstudium

Wer sich nicht vorstellen kann, an einer Präsenzuniversität ein Studium aufzunehmen, für den kann ein Fernstudium eine geeignete Möglichkeit sein. Der Besuch einer Fernuniversität ist nach Erhalt des Abiturs auch bereits für Bachelorstudenten möglich. Einige Studenten haben bereits familiäre Verpflichtungen, hier kann es von Vorteil sein, von zuhause aus lernen zu können. Eventuell haben Sie sich auch für eine Berufsausbildung entschieden und möchten anstatt eines dualen Studiums ein Studium von zuhause aus zusätzlich zur Ausbildung absolvieren. Dann wäre ein Fernstudium die ideale Wahl.

Besonders nachdem bereits ein erstes Studium samt Bachelorabschluss erfolgreich abgeschlossen wurde, ist ein Fernstudium für viele Anwärter auf einen Masterabschluss eine geeignete Wahl. Viele Absolventen möchten nach einem ersten berufsbildenden Abschluss den Einstieg ins Berufsleben finden, aber gleichzeitig einen weiteren Bildungsabschluss absolvieren. Durch ein Fernstudium lässt sich eine Berufstätigkeit ideal mit einem weiterführend Masterstudium verbinden. Die Fernuniversität in Hagen ist die einzig in Deutschland offiziell anerkannte Fernhochschule. Neben einer Studienform in Vollzeit gibt es auch die Möglichkeit, in Teilzeit zu studieren.

Vor- und Nachteile

Es kann verschiedene Vor- und Nachteile haben, anstatt eines Studiums nach dem Abitur einen anderen beruflichen Einstieg zu wählen. Jeder Abiturient sollte für sich selbst abwägen, welcher berufliche Weg der richtige ist.

Vorteile

  • Größerer Praxisbezug bei Ausbildung, dualem Studium oder einem Fernstudium in Kombination mit einer Ausbildung
  • Wartezeit bis zu einem freien Studienplatz kann ideal überbrückt werden (Wartesemester plus Berufsausbildung bringen große Vorteile bei Studiengängen mit hohem Numerus Clausus)
  • Besonders handwerkliche Auszubildende werden dringend gesucht (entsprechend gut sind die Chancen auf einen gutbezahlten Job nach Ausbildungsende)

Nachteile

  • Hohe Belastung, vor allem bei einem dualen Studium oder einem Fernstudium neben der Ausbildung bzw. neben familiären Verpflichtungen
  • Im Falle eines Fernstudiums gibt es keine unmittelbaren Ansprechpartner vor Ort, Kontakt erfolgt meist per Mail, telefonisch oder via Online-Konferenz
  • Oftmals ist die Bezahlung mit einem Ausbildungsabschluss schlechter als bei einem Studium (Masterabschluss)

Alternativen zur Orientierung nach dem Abitur

Wer nach dem Abitur noch nicht recht weiß, welche berufliche Laufbahn er einschlagen möchte, der kann alternative Möglichkeiten zur Berufsorientierung wahrnehmen. Dazu gehören neben Praktika im Inland oder Ausland auch Freiwilligendienste, Workcamps oder eine Auslandsreise, die durch Work & Travel finanziert wird.

Praktikum im In- oder Ausland

Abiturienten, die sich unsicher sind, was sie nach ihrer schulischen Laufbahn beruflich machen möchten, können sich zunächst über ein Praktikum oder mehrere Praktika einen Einblick in das Berufsleben verschaffen. Denn häufig ist die Schulzeit so eng getaktet, dass kaum Zeit für die Frage bleibt, wie es nach der Schule weitergehen soll. Es können sowohl Praktika im Inland, aber auch im Ausland absolviert werden. Wer seine Sprachkenntnisse verbessern und gleichzeitig reisen möchte, für den bietet sich ein Praktikum im Ausland an.

Generell ist es empfehlenswert, ein Praktikum zu absolvieren, wenn Sie sich unsicher sind, welche Tätigkeiten Sie in einem Berufsfeld erwarten oder über die dortigen Aufgaben zu Ihnen, Ihren Stärken und Interessen passen. Schließlich wird der erlernte Beruf im besten Fall ein Leben lang ausgeübt.

Freiwilligendienste

Besonders beliebt bei Schulabgängern sind Freiwilligendienste, wie etwa ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ). Es handelt sich bei Freiwilligendiensten um freiwillige und somit ehrenamtliche Einsätze in sogenannten gemeinwohlorientierten Einrichtungen. Das können z. B. Seniorenheime, Schulen, Kindertagesstätten, aber auch Sportvereine oder die Feuerwehr sein. Neben dem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), wird das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) in den Bereichen Umwelt und Naturschutz angeboten. Um einen Freiwilligendienst wie ein FSJ oder FÖJ zu absolvieren, muss man mindestens 15 Jahre alt sein – das maximale Alter beträgt 26 Jahre.

Freiwilligendienste finden in einem zuvor festgelegten Rahmen statt. Der genaue Zeitraum sowie Ort des Freiwilligendienst werden vor Beginn der Tätigkeit festgelegt. Als Freiwilligendienstleistender arbeitet man meist in Vollzeit, 8 Stunden pro Tag. Unter gewissen Umständen ist ein Freiwilligendienst auch in Teilzeit möglich. Während eines Freiwilligendienstes nehmen die Absolventen regelmäßig an Seminarangeboten teil, denn neben der ehrenamtlichen Tätigkeit soll der Freiwilligendienst den Teilnehmern auch die Möglichkeit zur Bildung und Orientierung geben. Wer sich für einen Freiwilligendienst entscheidet, erhält ein kleines Entgelt, das als Taschengeld bezeichnet wird, und zusätzlich werden Beträge in die Sozialversicherung eingezahlt.

Work & Travel im Ausland

Um die eigene Reiselust zu stillen und gleichzeitig nicht nur Berufserfahrung zu sammeln, sondern auch seine Reise zu finanzieren, gehen viele Abiturienten ins Ausland, um dort für einen gewissen Zeitraum Work & Travel zu betreiben. Wer flexibel und selbstständig reisen möchte, für den ist ein Work & Travel-Programm ideal geeignet.

Es gibt verschiedene Anbieter, die Abiturienten bei ihren Planungen und der Jobsuche unterstützen, bevor ein Auslandsaufenthalt im europäischen, aber vor allem im nicht europäischen Ausland startet. Teilnehmer müssen in der Regel mindestens 18 Jahre alt sein und eine ausreichende finanzielle Absicherung (ca. 2000 Euro) vor Antritt des Auslandsaufenthalts nachweisen können, um im Ernstfall darauf zurückgreifen zu können. Wer im Ausland arbeiten möchte und deutscher Staatsbürger ist, kann für Australien, Kanada, Neuseeland, Südkorea, Chile, Israel, Japan, Taiwan und Hongkong beantragen. Bei Bedarf helfen die verschiedenen Organisationen dabei, das Visum zu beantragen und gleichzeitig auch die notwendigen Flüge flexibel zu buchen. Beliebte Anbieter sind:

  • AIFS Educational Travel
  • Wayers
  • Workaway

Workcamps

In sogenannten Workcamps engagieren sich junge Freiwillige aus verschiedenen Ländern zwischen zwei und vier Wochen in einem gemeinnützigen Projekt ihrer Wahl. Ein Workcamp findet in der Regel ebenso wie ein Work & Travel-Programm im Ausland statt, umfasst aber einen deutlich kürzeren Zeitraum. Teilnehmer erleben in einer Gruppe ein anderes Land und eine andere Kultur, indem sie gemeinsam mit den Menschen vor Ort an einem sozialen oder ökologischen Projekt arbeiten. Dadurch, dass sie den Alltag miteinander teilen und gemeinsam Dinge erleben, eröffnen sich neue Perspektiven und möglicherweise (neue) Berufswünsche für die Zukunft.

Nutzen der Alternativen

Die möglichen Alternativen zu einem Studium sind vor allem dafür da, den Abiturienten, die sich noch nicht festgelegt haben, was sie beruflich machen wollen, verschiedene Möglichkeiten und Perspektiven aufzuzeigen. Besonders ein Aufenthalt im Ausland, über ein Praktikum oder Work & Travel kann den kulturellen und sprachlichen Horizont erweitern.

Wer hingegen genau weiß, was er beruflich machen möchte, aber die notwendigen Voraussetzungen dafür nicht mitbringt (Numerus Clausus im Studiengang der Wahl ist zu hoch), der kann eine Alternative nutzen, um die Wartezeit auf einen Studienplatz sinnvoll zu überbrücken. Vor allem im medizinischen Bereich wird oft eine Berufsausbildung abgeschlossen, bevor ein Studium absolviert wird.

Beratungsmöglichkeiten und Informationsstellen

Wenn Schulabgänger sich nach dem Abitur unsicher ist, wie es beruflich weitergehen soll, können sie die Möglichkeit verschiedener Beratungs- und Informationsstellen nutzen. Die Bundesagentur für Arbeit bietet meistens bereits während der gymnasialen Oberstufe, aber auch für Interessenten darüber hinaus, eine kostenlose Berufsberatung an. Gemeinsam mit einem Berater besprechen Sie ihre Stärken, Schwächen, Interessensgebiete und weitere Soft Skills (wie Sozialkompetenzen). Anhand der Angaben, die Sie im Beratungsgespräch machen, werden mögliche Berufsvorschläge entwickelt.

Zusätzlich gibt es gerade in großen Städten meist unabhängige Beratungsstellen, die ebenfalls kostenlose Informationen und Beratungsangebote zur Verfügung stellen. Beispielsweise ein Besuch im Berufsinformationszentrum (BiZ) kann empfehlenswert sein.

Fazit

Viele Abiturienten denken, dass nach dem Abschluss ein Hochschulstudium folgen sollte. Das muss nicht so sein. Als Schulabgänger sollte man immer auf seine persönlichen Stärken und Interessen schauen. Neben einem stark theoretisch ausgelegten Studium ist es auch möglich, eine Berufsausbildung oder ein duales Studium zu absolvieren. Während einer Ausbildung kann bei Bedarf die Wartezeit auf einen Studienplatz überbrückt werden.