Universität oder Fachhochschule: was soll man wählen?

Wer die Allgemeine Hochschulreife – kurz: das Abitur – besitzt und studieren möchte, steht oftmals vor der Wahl, eine Universität oder eine Fachhochschule zu besuchen. Beide Konzepte haben Vor- und Nachteile, die wir Ihnen in diesem Artikel erläutern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Wer das Abitur besitzt, kann an einer Universität oder Fachhochschule studieren. Wer eine Fachhochschulreife oder die fachgebundene Hochschulreife hat, ist nicht immer für das Studium an einer Universität berechtigt.
  • Fachhochschulen und Universitäten bieten teils unterschiedliche Studienfächer an.
  • Die Abschlüsse von einer Fachhochschule und einer Universität sind gesetzlich gleichwertig (Bologna-Prozess).

Warum ist die Wahl der Hochschulart wichtig?

Es ist wichtig, die passende Hochschulart für seine Interessen und Lernschwerpunkte zu finden. Eine Universität unterstützt Studenten, die dieses Ziel anstreben, eher dabei eine wissenschaftliche Karriere einzuschlagen, als es bei einer Fachhochschule der Fall ist. Das hat schon allein damit zu tun, dass an einer Universität im Vergleich zu einer Fachhochschule eine Promotion möglich ist. Fachhochschulen hingegen bieten einen stärkeren praktischen Schwerpunkt, der für den späteren Berufsalltag von Vorteil sein kann. Sie sollten möglichst bereits zu Anfang Ihrer Studienlaufbahn und spätestens bei Beginn des Masterstudiums entscheiden, welchen Weg Sie eher einschlagen möchten. Wichtige Fragen bei der Entscheidungsfindung sind: Deckt der Studiengang meine Interessen ab? Welche Berufsmöglichkeiten und Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe ich nach Abschluss des Studiums?

Merkmale einer Fachhochschule

Eine Fachhochschule (engl. university of applied science) ist eine Hochschule, die praxisnahe und anwendungsorientierte Studiengänge anbietet. An einer FH wird in erster Linie angewandte Forschung (anstelle von theoretischer Forschung) betrieben. Das Angebot ist breit gefächert und in technische, wirtschaftswissenschaftliche, natur- und sozialwissenschaftliche sowie künstlerische Studiengänge unterteilt.

Das Studium an einer Fachhochschule legt den Schwerpunkt darauf, einen unmittelbaren Anwendungsbezug für die Studenten herzustellen. Dazu werden strukturierte Studienpläne erstellt und Seminare sowie Kurse angeboten, die theoretisches Wissen in einem möglichst praxisnahen Zusammenhang vermitteln. Zusätzlich gibt es in jedem Studium an einer Fachhochschule ein Praxissemester, um bereits während des Studiums einen Eindruck vom Berufsalltag zu bekommen.

Merkmale einer Universität

Die Universität ist als höchste Bildungseinrichtung in Deutschland der erste Anlaufpunkt für Abiturienten, die nach dem Abitur studieren wollen. Alle Fachrichtungen werden innerhalb der deutschen Universitäten vollständig vertreten. Das bedeutet, dass es einige Studiengänge gibt, die ausschließlich an einer Universität angeboten werden.

Dazu gehören die Studiengänge Medizin, Pharmazie und Rechtswissenschaften, die mit mindestens einem Staatsexamen enden. Aber auch die Geisteswissenschaften (Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften) und die Lehramtsstudiengänge sind fast ausschließlich im universitären Kontext möglich. Die meisten Universitäten setzen dabei ihren Schwerpunkt auf die theoretische Wissensvermittlung, die je nach Fachbereich durch ein oder mehrere Praktika in der Studienzeit ergänzt wird.

Folgende Fachrichtungen gibt es an deutschen Universitäten:

  • Gesellschafts- und Sozialwissenschaften
  • Lehramtsstudiengänge
  • Medizin und Gesundheitswesen
  • Naturwissenschaften und Mathematik
  • Rechts- und Wirtschaftswissenschaften
  • Sprach- und Kulturwissenschaften
  • Agrar- und Forstwissenschaften
  • Ingenieurwissenschaften

Unterschiede

Die Lehre an einer Fachhochschule ist in den meisten Fällen praktischer ausgerichtet als es an einer Universität der Fall ist. An einer FH sind die Seminare und Kurse häufig kleiner als an Unis. Vorlesungen, wenn es sie überhaupt gibt, werden ebenfalls eher im Format von Kleingruppen bis zu 50 oder maximal 100 Leuten abgehalten. Auf diese Weise entsteht eine persönlichere Ebene zwischen Dozenten und Studenten als in einem großen Vorlesungssaal mit mehreren Hundert Teilnehmern. Grundsätzlich ist das Studienangebot an Fachhochschulen ähnlich zu dem einer Universität, wobei die Uni vielfältigere Auswahlmöglichkeiten bietet.

Häufig ist der Stundenplan an den Fachhochschulen ein wenig strenger vorgegeben als an Universitäten. Es gibt tendenziell weniger Möglichkeiten, individuelle Schwerpunkte im Studium zu setzen und eigene Interessen zu vertiefen. Doch durch die Modularisierung des Studiums betrifft das mittlerweile häufig auch die Universitäten. Der eng getaktete Stundenplan unter Berücksichtigung der Regelstudienzeit lässt auch im universitären Kontext weniger Freiräume für individuelle Kursbelegungen.

Zulassungsvoraussetzungen

Die Zugangsvoraussetzungen, um an einer Fachhochschule oder Universität zu studieren, sind nicht identisch. Wer ein Bachelor- oder Masterstudium an einer Fachhochschule anstrebt, der sollte mindestens eine Fachhochschulreife besitzen. Ebenfalls möglich ist der Zugang über die Fachgebunde Hochschulreife mit individueller Schwerpunktsetzung in einem Fachbereich (z. B. Elektronik, Gesundheit, Soziales oder Informatik). An einigen Fachhochschulen ist der Zugang zu einem Fachstudium auch durch eine abgeschlossene Ausbildung samt einschlägiger Berufserfahrung möglich.

Für ein Studium an einer Universität sollten Bewerber idealerweise ein Abitur (die Allgemeine Hochschulreife) besitzen. Dann stehen ihnen alle Wahlmöglichkeiten für einen Studiengang offen. Mit einer Fachgebundenen Hochschulreife, etwa im Bereich Wirtschaft, Informatik oder Design, ist es ebenfalls möglich, an einer Universität zu studieren. Die Bedingung ist dann, dass es sich um einen fachlich einschlägigen Studiengang handelt, der in Zusammenhang mit dem Schwerpunkt der schulischen Ausbildung steht. Wer eine Fachgebunde Hochschulreife mit dem Schwerpunkt Soziales hat, kann z. B. Soziale Arbeit studieren. Wer einen wirtschaftlichen Schwerpunkt im Abitur hatte, kann zwar Betriebswirtschaftslehre an einer Universität studieren, jedoch kein Jura.

Je nachdem, welche Uni Sie besuchen wollen und um welches Fach es sich handelt, kann es sein, dass Ihnen weitere Zugangsmöglichkeiten für ein Hochschulstudium zur Verfügung stehen. Einige Universitäten akzeptieren neben einer Fachhochschulreife eine Ausbildung und/oder langjährige Berufserfahrung als Zugangsvoraussetzung für ein Studium, obwohl keine Allgemeine Hochschulreife nachgewiesen werden kann. In Niedersachsen und Hessen dürfen Fachabiturienten auch ohne besondere Bedingungen an einer Universität studieren.

Studienorganisation und zeitlicher Aufwand

Der zeitliche Aufwand ist bei einem Studium an einer Fachhochschule und einer Universität im Durchschnitt gleich hoch. Befragte beider Einrichtungen berichten von einer wöchentlichen Belastung von ca. 30 Stunden. An einer Uni ist im Vergleich zu einer Fachhochschule mehr Selbstorganisation (vor allem beim Lernen) gefragt.

Anforderungen an Studierende

Die Anforderungen an das Studium werden von Studenten an Fachhochschulen und Universitäten unterschiedlich empfunden und bewertet. Studenten an Universitäten berichten häufiger von hohen Leistungsansprüche bzw. Leistungsdruck während der Ausbildung. Diese Aussage hingegen trifft lediglich bei ca. einem Drittel der Studenten an einer Fachhochschule zu. Dieses Empfinden kann daher rühren, dass an einer Fachhochschule oftmals ein engerer Kontakt zu Dozenten und auch Kommilitonen besteht. An einer Universität kommt vermeintlich schneller das Gefühl auf, beim Lernen auf sich alleine gestellt zu sein.

Studienorganisation und Wissensvermittlung

Ein deutlicher Unterschied zwischen Universitäten und Fachhochschulen ist die Organisation des Studiums. An Unis wird deutlich mehr Eigenverantwortung erwartet, Studenten müssen sich vor Semesterbeginn eigenständig um ihre Stundenpläne und Kursbelegung kümmern. An einer Fachhochschule wird meist ein recht strikter Stundenplan pro Semester vorgegeben. Auch die Wissensvermittlung selbst läuft unterschiedlich ab.

Studenten bringen sich mehr Inhalte im Selbststudium bei, während die Wochenstunden für Seminare oder Vorlesungen im Verhältnis zur Fachhochschule geringer ausfallen. Dafür wird an einer Fachhochschule intensiver und in kleineren Gruppen direkt in den einzelnen Lehrveranstaltungen gelernt. In diesem Punkt ist eine Fachhochschule eher mit einer Schule zu vergleichen als eine Universität. An einer Uni gibt es in erster Linie große Vorlesungen mit mehreren Hundert Teilnehmern sowie Seminare mit 30 bis 50 Studenten. An einer Fachhochschule wird die Personenanzahl generell deutlich kleiner gehalten (bis zu ca. 50, maximal 100 Teilnehmer).

Studienfächer

Die Auswahl der Studienfächer ist sowohl an einer Fachhochschule als auch an einer Universität groß. An einer FH werden allerdings nicht alle Fächer unterrichtet, die es an einer Universität gibt (denn nur dort sind alle Fachrichtungen vollständig vertreten).

Forschungsorientierung und Praxisbezug

An einer Universität liegt ein größerer Schwerpunkt auf der theoretischen Forschung als an einer Fachhochschule. Dafür ist dort der Praxisbezug deutlich stärker gegeben. Während an Universitäten während des Bachelors meist keinerlei Praxisphase vorausgesetzt wird, gibt es in (nahezu) jedem Studium an einer Fachhochschule ein vollständiges Praxissemester.

Studierendenberatung

Eine Studienberatung gibt es an Universitäten und Fachhochschulen gleichermaßen, oft in Form einer sogenannten Zentralen oder Allgemeinen Studienberatung. Interessenten können sich vor Ort von den Mitarbeitern unverbindlich beraten lassen. Oft werden auch telefonische Sprechstunden angeboten oder es können Fragen per Mail gestellt werden.

Studiendauer und Abschluss

Ein Bachelorstudium dauert in der Regel 6 oder 7 Fachsemester, je nach gewähltem Studiengang. Für ein Masterstudium kommen weitere 4 Fachsemester hinzu. Das gilt für die Uni und die Fachhochschule gleichermaßen, je nachdem welches Fach gewählt wird.

Faktisch gesehen gibt es keinen Unterschied mehr zwischen einem Abschluss, der an einer FH oder an einer Uni erlangt wurde. Der Zusatz (FH) wird bei einem Abschlusszeugnis einer Fachhochschule nicht mehr geführt. Viele Fachhochschulen lassen mittlerweile in ihrem Namen das „Fach“ weg und bezeichnen sich nur noch als Hochschule. Damit soll die zunehmende Angleichung an Universitäten verdeutlicht werden.

Karriere- und Verdienstmöglichkeiten

Oftmals sind die Karriere- und somit Gehaltschancen mit einem Masterabschluss an einer Universität am höchsten. Da die Uni die höchste Bildungseinrichtung in Deutschland ist, wird Bewerbern oftmals nach wie vor ein höherer Bildungsgrad zugesprochen als Absolventen einer Fachhochschule – auch wenn beide Abschlüsse durch den Bologna-Prozess 1999 auf dem Papier gleichwertig sind. Doch nicht in jeder Branche und in jedem Unternehmen ist das der Fall. Auch Absolventen einer FH haben gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, vor allem durch den ausgeprägten Praxisbezug des Studiums.

Promotionsmöglichkeit

Auch wenn Fachhochschulen den Universitäten in Deutschland gleichgestellt sind, besitzen sie in der Regel kein eigenständiges Promotionsrecht. FH-Absolventen können sich mit ihrem Abschluss an einer Universität bewerben und dort zum Promotionsverfahren zugelassen werden. In Hessen wurde im Jahr 2016 als erstes Bundesland ein Promotionsrecht für FHs und Hochschulen für Angewandte Wissenschaft (HAW) eingeführt.

Vor- und Nachteile eines Fachhochschulstudiums

Wie jede Ausbildungsform, hat ein Studium an einer Fachhochschule Vor- und Nachteile, die je nach individuellen Interessen eines Studenten unterschiedlich gewertet werden können.

Vorteile

  • Starker Praxisbezug: Bereits während des Studiums wird Berufserfahrung gesammelt. Es findet eine optimale Vorbereitung auf den Berufsalltag statt.  
  • Kleinere Lerngruppen, bessere Vernetzung mit Kommilitonen und Dozenten.
  • Es ist keine Allgemeine Hochschulreife nötig, die Fachhochschulreife reicht aus.

Nachteile

  • Strengere Vorgaben (weniger Freiraum in der Stundenplangestaltung).
  • Teilweise schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, im direkten Vergleich zu Studenten einer Universität.
  • Nicht jeder Studiengang kann mit einem Fachhochschulabschluss oder einer Fachgebundenen Hochschulreife studiert werden.

Vor- und Nachteile eines Universitätsstudiums

Auch beim Studium an einer Universität ergeben sich Vor- und Nachteile, die individuell empfunden werden können. Die Selbstorganisation kann für einige Studenten von Vorteil sein, während andere sie als großen Nachteil empfinden.

Vorteile

  • Sie erhalten einen hoch angesehenen Bachelor- oder Masterabschluss und haben ideale Karriere- und Gehaltschancen.
  • Freie Wahlmöglichkeiten: Studenten an einer Uni können ihren Stundenplan und somit ihren Zeitplan sehr frei gestalten.
  • Promotionsmöglichkeiten: Nur Universitäten haben ein generelles Promotionsrecht. Wer eine wissenschaftliche Karriere anstrebt, hat an einer Uni bessere Chancen.

Nachteile

  • Selbststudium: An einer Uni müssen viele Lehrinhalte in Eigenregie erlernt werden. Das kann zu Verständnisproblemen und höherem Leistungsdruck führen.
  • Kontakt: Der Kontakt zu Dozenten und Lehrpersonen ist meist weniger eng als an einer Fachhochschule.

Für wen ist welches Studium sinnvoll?

Für alle, die gerne theoretisch arbeiten und forschen wollen, ist ein Studium an der Universität besser geeignet. Wer jedoch einen Praxisbezug im Studium braucht, der sollte lieber an einer FH studieren. Auch die Frage der Selbstorganisation ist wichtig. Wenn Sie feste Strukturen und Vorgaben brauchen, ist ein Studium an der Fachhochschule besser geeignet. Wer sich gerne selbst organisiert und kein Problem damit hat eigenständig zu lernen, wird sich an einer Uni wohler fühlen. 

Verbreitete Vorurteile über FHs und Unis

Es gibt einige hartnäckige Vorurteile über Fachhochschulen und Universitäten, die so in der heutigen Zeit jedoch nur noch selten, bis gar nicht der Fall sind.

Bildungsstand

Häufig wird Fachhochschulabsolventen unterstellt, weniger gebildet zu sein - beispielsweise weil sie statt einer Allgemeinen Hochschulreife oft „nur“ die Fachhochschulreife besitzen. Das kann derart pauschal nicht behauptet werden. Der Bildungsstand eines Menschen hat grundsätzlich nichts damit zu tun, welchen Schulabschluss er besitzt oder ob er an einer FH oder Uni studiert hat.

Praxis und Theorie

Besonders hartnäckig hält sich folgendes Vorurteil: Die Uni steht allein für theoretische Forschung, an einer Fachhochschule wird nur die Praxis gelehrt. Das ist seit langem nicht mehr so. Zwar liegt der Fokus der Uni eher auf der theoretischen Forschung und bei einer Fachhochschule gibt es meist einen höheren Praxisbezug als an einer Uni. Aber beide Bildungseinrichtungen nähern sich über die Jahre tendenziell immer weiter an.

Arbeitsmarkt

Ebenfalls häufig angenommen wird, dass es Absolventen einer Fachhochschule auf dem Arbeitsmarkt schwerer haben. Diese Annahme gilt höchstens noch für einige Großkonzerne, bei denen Universitätsabschlüsse teilweise immer noch höher gewichtet werden als ein identischer FH-Abschluss.

Fazit

Es ist nicht einfach, sich für ein Studium an einer Uni oder einer Fachhochschule zu entscheiden. Vor allem nicht dann, wenn durch ein Abitur beide Möglichkeiten offen stehen. Bewerber sollten vor allem danach entscheiden, wie gerne Sie sich selbst organisieren und eigenständig lernen. Wer sein Studium möglichst frei gestalten möchte, sollte eher die Uni wählen. Bevorzugen Sie klare Strukturen und einen persönlichen Kontakt, dann ist die FH vermutlich besser geeignet. Der Praxisbezug ist an einer FH meist höher als an einer Universität. Ein größerer Fokus auf die Forschung wird hingegen an der Uni gesetzt.