Barrierefreies E-Learning: Weiterbildung für alle Menschen

Barrierefreies E-Learning hat das Ziel, die Inhalte der Online-Weiterbildung für alle Personengruppen gleichermaßen zugänglich zu machen, damit niemand ausgegrenzt wird. Welche Standards es im Bereich des barrierefreien E-Learning gibt und wie die Umsetzung in der Praxis aussehen kann, erfährt man in diesem Artikel.

Barrierefreies E-Learning: Was versteht man darunter?

Hört man den Begriff barrierefreies Lernen, denkt man unter Umständen zunächst an behindertengerechte Eingänge, Rampen für Rollstuhlfahrer oder die Verwendung der sogenannten »Leichten Sprache«, um auch Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen die Teilnahme am E-Learning zu ermöglichen.

Aber barrierefreies E-Learning ist noch viel mehr – wie man unter anderem an der Definition der Barrierefreiheit in Paragraf 4 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) sehen kann. Dort heißt es:

»Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.«

Da das E-Learning online stattfindet, braucht man sich in diesem Zusammenhang in der Regel nicht mit den baulichen Gegebenheiten zu beschäftigen. Wenn Personen mit einer Behinderung die E-Learning Angebote jedoch nicht von zuhause, sondern in den Räumen des Anbieters oder bei einem Bildungsträger nutzen möchten, spielt die bauliche Barrierefreiheit wieder eine Rolle.

Wir konzentrieren uns vorerst jedoch auf die technischen, akustischen und visuellen Bedingungen, die barrierefreies E-Learning erfüllen sollte.

Die Vorschriften und Richtlinien für barrierefreies E-Learning

Die Grundlagen und Richtlinien, wie barrierefreies E-Learning gestaltet werden kann, wurden in der Vergangenheit von unterschiedlichen Organisationen erarbeitet.

Kennen sollte man die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG). Denn die WCAG setzt einen international gültigen Standard für barrierefreie Inhalte im Web, zu denen das E-Learning auch gehört. Öffentliche Stellen müssen sich an diesen Vorgaben orientieren. Die WCAG 2.1, ein Standard für mobile Anwendungen, trägt innerhalb der EU die Bezeichnung EN 301 549 V2.1.2.

Private Anbieter sind Stand Februar 2022 nicht gezwungen, ihre E-Learning Inhalte entsprechend dieses oder eines anderen Standards aufzubereiten. Tun sie es trotzdem, kann es für das eigene Angebot von Vorteil sein, denn allein in Deutschland lebten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2020 7,9 Millionen Menschen, die körperlich oder geistig schwerbehindert sind. Ohne Barrierefreiheit grenzt man diese Menschen aus – und das betrifft nicht nur die E-Learning Inhalte.

Die deutsche Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) ergänzt den internationalen Standard. Die Grundlage für diese Verordnung ist wiederum die Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober.

Die 4 Grundprinzipien der Barrierefreiheit

In den WCAG Guidelines finden sich vier Grundprinzipien, an denen sich digitale Inhalte orientieren sollten und die daher auch für alle Bereiche des E-Learning gelten. Damit der Inhalt barrierefrei ist, muss er

  1. bedienbar sein: Die Inhalte einer Website müssen so gegliedert und formatiert sein, dass sich der jeweilige Unterpunkt auch mit einem anderen Eingabegerät als einer Computermaus – oder dem Finger bei der Benutzung eines Smartphones – anwählen lässt.

  2. wahrnehmbar sein: Damit die E-Learning-Inhalte auch von Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen gelesen oder gehört werden können, sollten diese Inhalte mindestens auditiv und visuell präsentiert werden. Können die Inhalte über weitere Sinnesorgane aufgenommen werden, ist es noch besser, denn das erhöht die Barrierefreiheit des Angebots.

  3. verständlich sein: Nicht nur der Inhalt, sondern auch die Navigation auf der Seite sollte leicht nachvollziehbar sein. Das gelingt zum Beispiel durch alternative Bildbeschreibungen.

  4. robust sein: Idealerweise funktionieren die E-Learning Inhalte nicht nur mit den aktuellen technischen Lösungen, sondern sind so konzipiert, dass sie auch mit zukünftigen kompatibel sind oder zumindest schnell an technische Neuerungen angepasst werden können.

Grundprinzipien des barrierefreien E-Learning in der Praxis

Die unterschiedlichen Maßnahmen, die man bei barrierefreiem E-Learning beachten sollte, sehen in der Praxis zum Beispiel so aus:

  1. Personen mit einer Beeinträchtigung der Sehkraft: Menschen mit einer Sehbehinderung profitieren davon, wenn die E-Learning Inhalte in einer gut lesbaren Schriftart auf einem kontrastreichen Hintergrund präsentiert werden. Idealerweise serifenlos und mit der Option, die Schriftgröße anpassen zu können. Darüber hinaus sollten auch Bilder und Grafiken, insbesondere Grafiken, die als Navigationselemente dienen, für Screenreader lesbar sein. Um das zu gewährleisten, helfen zum Beispiel Alt-Beschreibungen für Bilder. Damit Personen mit einer Sehbeeinträchtigung nicht benachteiligt werden, sollten wichtige Inhalte nicht in der Kopf- oder Fußzeile stehen. Sonst sind sie zu klein und könnten übersehen werden.

  2. Personen mit einer Beeinträchtigung der Hörorgane: Möchte man barrierefreies E-Learning für Personen mit einer Hörschädigung möglich machen, geht es in erster Linie darum, die auditiven Inhalte so aufzubereiten, dass diese Menschen sie gut wahrnehmen können. Häufig geschieht das über Untertitel oder Audiodeskription der Videos. Für die Transkription nutzt man häufig das HTML-Format, da es mit den meisten Geräten kompatibel ist. Besteht der Inhalt dagegen nur aus gesprochener Sprache, ist also ein reines Audio Angebot wie beispielsweise ein Podcast, sollte der Inhalt für Personen mit einer Hörschädigung zusätzlich als Text zum Download angeboten werden.

  3. Personen mit kognitiven Einschränkungen: Die Inhalte so aufzubereiten, dass sie auch von Personen mit geistigen Einschränkungen verstanden werden, ist eine weitere Herausforderung, die man an barrierefreies E-Learning stellt. In der Regel nutzt man Leichte Sprache, die auch für diesen Personenkreis einfacher zugänglich ist. Außerdem müssen die Inhalte so konzipiert werden, dass sie Personen mit geistigen Einschränkungen nicht überfordern. Also weniger Inhalt und mehr Erklärungen. Bei Videos sollte man außerdem auf die Sprechgeschwindigkeit achten. Personen können dem Gesagten besser folgen, wenn der Inhalt langsam vorgetragen wird.

  4. Personen mit körperlichen Einschränkungen: Menschen, die Probleme haben, eine Computermaus zu bedienen, haben unter anderem mit Drag-and-Drop Aufgaben Probleme. Für diese Personen sollte es möglich sein, wichtige Elemente, wie Links und Schaltflächen auch über die Tastatur zu bedienen. Dazu kann man beispielsweise für das Bestätigen mit „OK“ die Enter-Taste, für das Abbrechen eines Vorgangs die Escape-Taste nutzen.

Daneben kann es ganz individuelle Anforderungen an den jeweiligen Inhalt geben, damit barrierefreies E-Learning möglich wird. Anbieter können sich von Experten zum Thema beraten lassen, um ihr E-Learning Angebot so aufzubereiten, dass niemand ausgegrenzt wird.

Weiterführende Links/Quellen:

https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/gesetz-zur-gleichstellung-behinderter-menschen.html;jsessionid=3EB58C546708D45E0F351BE0659DD8F8.delivery2-replication

https://www.w3.org/TR/WCAG21/

https://www.etsi.org/deliver/etsi_en/301500_301599/301549/02.01.02_60/en_301549v020102p.pdf

https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Behinderte-Menschen/_inhalt.html

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32016L2102&rid=1

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